Unterbiss und Überbiss – welche Folgen haben Kieferfehlstellungen?

Das Gebiss ist ein fein aufeinander abgestimmtes System. Die Zähne leisten die beste Arbeit, wenn sie im richtigen Verhältnis zueinander stehen und optimal ineinandergreifen. Kieferfehlstellungen wie der Unterbiss oder sein Gegenteil, der Überbiss, wirken sich auf den gesamten Kauapparat aus. Wenn das Größenverhältnis zwischen Ober- und Unterkiefer nicht passt, kann das weitreichende, gesundheitliche Probleme zur Folge haben. Dysgnathien, also angeborene oder erworbene Fehlbisse, können die Gesichtsform, das Sprechen und die Kaufunktion erheblich beeinträchtigen. 

Was ist ein Unterbiss (Mesialbiss)?

In einem typischen menschlichen Scherengebiss stehen die oberen Schneidezähne leicht vor den unteren und überdecken sie bei geschlossenen Zahnreihen etwa 1–2 Millimeter. Bei einem Unterbiss (auch Vorbiss genannt) steht der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer zu weit vorne. Die unteren Schneidezähne beißen vor die oberen, und ein richtiges Abbeißen ist erschwert. Bei einem Unterbiss kann der Mund in manchen Fällen nicht richtig geschlossen werden. Das erschwert die Nasenatmung und begünstigt die ungesunde Mundatmung. Die Zähne werden nicht ausreichend mit Speichel umspült und haben ein höheres Kariesrisiko. Der Unterkiefer ist sehr dominant, die Oberlippe meistens sehr dünn. Auch die klare Aussprache leidet darunter, wenn die Zungenspitze nicht richtig an die Frontzähne stoßen kann.

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Was ist ein Überbiss (Rückbiss)?

Auch in einem normal ausgeprägten Kiefer stehen die oberen Frontzähne im Vergleich zu den unteren ein bisschen vor, wenn man sie von der Seite betrachtet. Von einem Überbiss ist die Rede, wenn die oberen Schneidezähne mehr als drei Millimeter vor der unteren Zahnreihe stehen. Das erzeugt den optischen Eindruck von vorstehenden Hasen- oder Pferdezähnen. Kräftiges Zubeißen ist bei einem ausgeprägten Überbiss nur unter Schwierigkeiten möglich. Die Fehlstellung führt zu Muskelverspannungen, Kopf- und Kiefergelenkschmerzen. Da die obere Zahnreihe so weit vorsteht, wird auch das Gesichtsprofil ästhetisch beeinflusst (fliehendes Kinn). Der Fehlbiss erhöht das Risiko für Infektionen der Atemwege und Schnarchen.

Wie entstehen diese Kieferfehlstellungen?

Häufig ist die unterschiedliche Ausprägung der beiden Kiefer genetisch bedingt und wird vererbt, wie zum Beispiel beim Vorbiss. Der Unterkiefer wächst im Verhältnis deutlich stärker als der Oberkiefer, die unteren Frontzähne stehen dann vor den oberen Zähnen. Entwickelt sich der Oberkiefer stärker als der untere, kann es zu einem Überbiss kommen. Aber auch ungünstige Angewohnheiten wie langes Daumenlutschen oder das andauernde Pressen der Zunge gegen die oberen Vorderzähne kann die Ursache für einen Überbiss sein. Im Kindesalter sind Knochen und Zähne noch leichter zu formen, daher sollte eine kieferorthopädische Behandlung so früh wie möglich beginnen, etwa im Alter von fünf bis sieben Jahren. Bis zum Erwachsenenalter können lästige, unästhetische oder unangenehme Funktionsstörungen lange Jahre Probleme bereiten. 

Welche Behandlungen gibt es für den Über- oder Unterbiss?

Die Kieferorthopädie hat für Fehlstellungen des Kiefers und schiefe Zähne passende Lösungen. Idealerweise beginnt die Behandlung bei Kindern so früh wie möglich an den bleibenden Zähnen, um das natürliche Kieferwachstum bei der Korrektur mit einzubeziehen. Wenn das Kieferwachstum schon abgeschlossen ist wie bei Erwachsenen, lassen sich die Zähne zwar immer noch in die richtige Position korrigieren. Das geht je nach Ausprägung der Fehlstellung mit einer festen Zahnspange oder unsichtbaren Zahnkorrekturschienen wie Invisalign. Den Kiefer eines Erwachsenen kann eine Zahnspange aber nicht mehr verändern. Ein rechtzeitiger Besuch beim Kieferorthopäden vermeidet aufwendigere Behandlungen im Erwachsenenalter.

Behandlung eines Unterbisses

Ein Unterbiss bei Kindern kann eine Behandlung auch schon im Milchzahngebiss nötig machen. Dabei wird das Wachstum des Unterkiefers gehemmt und das des Oberkiefers gefördert, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Zum Einsatz kommen funktionskieferorthopädische Geräte (FKO-Geräte) und aktive Platten, das sind herausnehmbare Zahnspangen mit Federn, Drahtelementen und einer Kunststoffbasis. Damit kann der Oberkiefer allmählich vergrößert und gekippte Zähne können gerichtet werden. Mit festsitzenden Zahnspangen, die an den Backenzähnen befestigt werden, wird die Form und Ausprägung des Kiefers beeinflusst. Eine Außenspange (Headgear) muss nur in der Nacht getragen werden.

Bei Erwachsenen ist dafür eine festsitzende Spange nötig. Liegt dem Fehlbiss eine skelettale Anomalie zugrunde, muss diese mit einer Kiefer-Operation behoben werden. Sie wird mit einer Behandlung beim Kieferorthopäden kombiniert.

Behandlung eines Überbisses

Lassen sich bei Kindern die schlechten Angewohnheiten wie Daumenlutschen, Schnuller oder Zungenpressen bis zum 3. Lebensjahr abstellen, kann sich ein Überbiss mit dem natürlichen Kieferwachstum oft allein regulieren. Wenn eine Behandlung nötig ist, werden auch beim Überbiss FKO-Geräte, aktive Platten oder festsitzende Spangen mit Brackets eingesetzt, um den Biss und die Zähne zu korrigieren. Erwachsene lassen sich nur noch mit festsitzenden Zahnspangen behandeln.

Fazit

Die Natur formt Zähne und Kiefer manchmal in recht kreativer Weise. Fehlstellungen des Kiefers und der Zähne wie Überbiss, Unterbiss, aber auch Kreuzbiss oder offener Biss lassen sich erfolgreich behandeln. Im Idealfall früh genug, damit das Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen und eine Korrektur noch leichter durchgeführt werden kann.