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Alzheimer-Medikament Tideglusib: Hoffnungsträger gegen Karies

Kariesgeschädigte Zähne ganz einfach ohne Bohren und ohne Füllung reparieren zu können ist der Traum aller Patienten mit Angst vor dem Zahnarzt. Bei den winzigen Zähnen von Mäusen ist das bereits gelungen. Wird das Medikament in Zukunft auch die Karieslöcher in menschlichen Zähnen schließen? Im Dental Institute des King’s College in London wurde bereits der Grundstein dafür gelegt.

Wie wird Karies konventionell repariert?

Ein Zahn besteht aus drei Schichten: ganz außen schützt der harte Zahnschmelz vor äußeren Einflüssen, darunter befindet sich das Dentin (Zahnbein) und ganz im Inneren liegt das weiche Zahnmark mit Nerven und Blutgefäßen, die Pulpa. Karies entsteht durch die Stoffwechselprodukte von Bakterien, die sich von Zucker ernähren. Das Frühstadium einer Karies (Initialkaries) zeigt sich zunächst nur in weißlichen Flecken auf dem Zahnschmelz. Wenn die Erkrankung weiter vordringt, frisst sie regelrechte Löcher in die Zahnsubstanz. Um den erkrankten Zahn vor weiteren Schäden und den Patienten vor ständigen Zahnschmerzen zu bewahren, bohrt der Zahnarzt den Zahn unter lokaler Betäubung auf und entfernt das befallene Gewebe vollständig. Das entstandene Loch (kariöse Läsion) im Zahn muss mit einer geeigneten Füllung wieder dauerhaft "gestopft" werden, dazu verwendet der Zahnarzt AmalgamKompositmischungen oder Keramik. 

Vielversprechende Nebenwirkung

Eigentlich sollte Tideglusib in erster Linie dafür sorgen, dass die Proteinablagerungen – die sogenannten Amyloide – im Gehirn von Alzheimer-Patienten aufgelöst werden. Als unerwarteten Nebeneffekt des Medikaments stellten die Forscher fest, dass Tideglusib sich sehr positiv auf die Selbstheilungskräfte der Zähne auswirkt. Ein Teil des Dentins im Zahn – das Reizdentin – bildet sich nämlich lebenslang neu, um kleinere Beschädigungen zu reparieren. Diese Regeneration reicht aber nicht aus, um durch Karies geschädigte Zähne zu heilen oder Löcher zu schließen, und der Prozess vollzieht sich nur sehr langsam.

Das Medikament gegen Alzheimer verstärkt die natürlichen Heilungskräfte des Zahnbeins, indem es die Stammzellen im Zahn stimuliert und den körpereigenen Regenerationsprozess deutlich beschleunigt. Forscher am King’s College in London führten im Rahmen einer Studie Versuche an Mäusen durch, denen kleine Löcher ins Gebiss gebohrt wurden. Sie legten in diese künstlich erzeugten Karieslöcher kleine Schwämme aus biologisch abbaubarem Kollagen, die mit dem Alzheimer-Medikament getränkt waren. Nach sechs Wochen hatten sich die Schwämmchen komplett aufgelöst und die Hohlräume in den Mäusezähnen durch die Bildung von neuem Dentin geschlossen. Eine sensationelle Wirkung, die große Erwartungen weckt: Ohne den Einsatz von künstlichem Material können sich Zähne selbst reparieren.   

Wann wird Tideglusib gegen Karies in der Praxis eingesetzt?

Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis Ihr Zahnarzt den Bohrer beiseite legt und Ihnen statt eines Inlays oder einer Kompositfüllung nur ein Schwämmchen in den Zahn legt. Inzwischen wurde weiter geforscht und Versuche mit den größeren Zähnen von Ratten durchgeführt, die ebenfalls erfolgreich verliefen. Das Forscherteam testete außerdem, ob die Menge des generierten Dentins ausreicht, um Karies in menschlichen Zähnen zu reparieren, und ob es ausreichende Stabilität besitzt. Die mineralische Zusammensetzung des reparierten Bereichs ähnelt dem normalen Dentin und ist röntgendicht. Wichtig für eine gelungene Dentinregeneration bei Menschenzähnen ist auch, dass sich das neue Dentin nur an der beschädigten Stelle bildet und nicht in der Pulpa. Auch davon überzeugte der Test mit den Rattenzähnen. Wir dürfen gespannt auf eine klinische Studie am Menschen warten, die eventuell dazu führt, Karies an menschlichen Zähnen erfolgreich zu heilen. 

Wie kann man sich vor Karies schützen?

Bis es eine derart komfortable Lösung für Zahnschäden durch Karies gibt, muss weiterhin der Bohrer ran. Nur bei sehr früh erkannter Initialkaries kann eine Kariesinfiltration der Erkrankung ohne mechanische Einwirkung und Spritze noch Einhalt gebieten. Mangelnde Mundhygiene und zuckerhaltige Ernährung sind die größte Gefahr für Zahnschmelz und Dentin. Der beste Schutz gegen Karies, Bohrer und Löcher in den Zähnen ist – das haben Sie hier bestimmt schon mal gelesen – regelmäßiges Zähneputzen und eine zuckerarme Ernährung. Die Zahnzwischenräume dürfen dabei nicht vergessen werden, dort können sich zahnschädigende Bakterien ganz besonders gut verbergen.

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und ein- oder zweimal Professionelle Zahnreinigung im Jahr bewahren zudem die Zahngesundheit und identifizieren Karies schon im Frühstadium.

Fazit:

Große Hoffnungen liegen auf dem Wirkstoff Tideglusib, der eigentlich gegen Morbus Alzheimer helfen soll. Bis er auch für unsere eigenen Zahnprobleme eingesetzt werden kann, hilft nur fleißig vorbeugen und mindestens einmal im Jahr den Zahnarzt zur Kontrolle und zur Professionellen Zahnreinigung aufsuchen. Bleiben Sie gesund im Mund!