Zahnfleischbluten – harmlos oder Grund zur Sorge?

Autorin: Dr. Petra Klostermann, DentNet Zahnärztin in Hamburg

Gesundes Zahnfleisch ist fest, hat eine blass-rosa Färbung und eine glatte Oberfläche. Es schmiegt sich wie ein Rollkragen eng an die Zahnhälse, sorgt für Halt und schützt die Zahnwurzel vor dem Eindringen von Bakterien und Krankheitserregern. Wenn es gelegentlich beim Zähneputzen oder bei der Anwendung von Zahnseide ein wenig blutet, steckt meistens eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) dahinter. Gefährlich wird es, wenn sich daraus eine Parodontitis entwickelt.

Wie ist das Zahnfleisch aufgebaut?

Das Zahnfleisch (Gingiva) gehört zum Zahnhalteapparat (Parodontium). Man unterteilt es in freie und befestigte Gingiva. Die beweglichen Zahnfleischpapillen, die sich wie ein kleines Dreieck genau zwischen den Zähnen zeigen, und der "Rollkragensaum" aus Zahnfleisch gehören zur freien Gingiva. Das befestigte Zahnfleisch befindet sich weiter darunter und ist durch Bindegewebsfasern fest mit dem Kieferknochen verbunden. Im Gegenteil zum freien Zahnfleisch ist es nicht verschiebbar. Der Zahnhalteapparat besteht aus dem Zahnfleisch, dem Alveolarknochen, dem Wurzelzement und der Wurzelhaut. Ist das Parodontium gesund, hält es die Zähne sicher an ihrer Position und lässt sie auch extreme Kaukräfte aushalten. 

Warum blutet das Zahnfleisch?

Mangelnde Mundhygiene

Zahnfleischbluten beim Zähneputzen deutet auf eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) hin. Die Ursache dafür sind in erster Linie schlecht geputzte Zähne. Bakterieller Zahnbelag (Plaque) kann sich dann vermehrt am Zahnfleisch sammeln und reizt es, eine Entzündung entsteht. Sie ist eine Reaktion des Immunsystems, das sich bemüht, mit vermehrter Durchblutung die Bakterien aus dem Zahnfleisch zu spülen. Die Folge: Zahnfleischbluten.  

Eine Gingivitis im Anfangsstadium verschwindet mit einer konsequenten Mundhygiene meistens problemlos wieder. Auch die Zahnzwischenräume sollten mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen sorgfältig gesäubert werden, denn dort können sich Bakterien besonders gut verstecken. Die Plaque muss durch regelmäßiges und gründliches Zähneputzen entfernt werden. Wird der Zahnbelag nicht entfernt, verhärtet er mit der Zeit zu Zahnstein, an dessen rauer Oberfläche sich bakterielle Beläge noch besser festsetzen können.

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Mechanische Verletzungen

Die Gingiva ist empfindlich. Eine harte Zahnbürste und zu energisches Putzen kann Zahnfleischbluten verursachen. Dasselbe gilt für Zahnseide, die bei der Reinigung zu kraftvoll in das Zahnfleisch gezogen wird. Auch Interdentalbürsten sollten die richtige Größe haben (fragen Sie im Zweifelsfalle Ihren Zahnarzt), damit die Zahnzwischenräume auch bei gefühlvoller Anwendung gut gesäubert werden. Benutzen Sie eine weiche Zahnbürste mit abgerundeten Borsten, sie schont das empfindliche Zahnfleisch und entfernt weichen Zahnbelag sehr gut. Wenn Sie eine elektrische Zahnbürste verwenden, zeigt sie zu viel Druck beim Putzen mit einem Lichtsignal an. Nützliche Tipps für die richtige Putztechnik zu Hause bekommen Sie auch von Ihrem Zahnarzt. 

Parodontitis

Wird eine Zahnfleischentzündung auf Dauer nicht beseitigt oder behandelt, kann sich daraus eine Parodontitis entwickeln. Eine Parodontitis verläuft fast immer schmerzfrei und wird oft erst zu spät bemerkt. Die Zahnfleischentzündung wird zu einer chronischen Parodontitis und betrifft den gesamten Zahnhalteapparat. Das Zahnfleisch umschließt nicht länger die Zahnhälse, sondern zieht sich zurück und löst sich ab. Tiefe Zahnfleischtaschen bilden sich an den Zähnen, regelmäßiges Zahnfleischbluten deutet auf die tiefgehende Entzündung hin. Das stützende Gewebe wird allmählich zersetzt und der Kieferknochen baut sich ab. Im schlimmsten Fall droht Zahnverlust durch den fehlenden Halt im Knochen.

Durch die Blutgefäße kann die chronische Entzündung des Zahnbetts auch in andere Teile des Körpers gelangen und dort im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle oder Frühgeburten verursachen. Eine Parodontitis benötigt eine spezielle Behandlung beim Zahnarzt, um schwerwiegende Folgen für das Gebiss und den gesamten Körper zu verhindern. Seit Juli 2021 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen deutlich mehr Leistungen für die langwierige Behandlung. Raucher und Diabetiker haben ein stark erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken.

Weitere Ursachen für Zahnfleischbluten

Hormonelle Einflüsse während einer Schwangerschaft können zu Zahnfleischschwellungen und Zahnfleischbluten führen. Bestimmte Hormone sorgen für eine Lockerung des Zahnfleischs und erleichtern Bakterien die Besiedelung der Zähne.

Bestimmte körperliche Erkrankungen können die Ursache für entzündetes Zahnfleisch und Zahnfleischbluten sein. Diabetes mellitus, HIV und Tumorerkrankungen verändern den Stoffwechsel, ein begleitendes Symptom ist Zahnfleischbluten. Übermäßiger Alkoholkonsum, Magersucht oder Mangelernährung führen zu einem Vitamin-C-Mangel und können skorbutähnliche Symptome hervorrufen, darunter auch Zahnfleischbluten. Andere mögliche Ursachen für das Zahnfleischbluten können schlechtsitzende Prothesen oder blutverdünnende Medikamente sein.

Seltener kommt eine nekrotisierende ulzerierende Gingivitis als Ursache für starkes Zahnfleischbluten infrage. Davon sind hauptsächlich junge Menschen mit nachlässiger Zahnpflege und Raucher betroffen. Die Erkrankung entsteht in den Zahnzwischenräumen und breitet sich aus. Sie wird begleitet von gelben Belägen auf dem Zahnfleisch und Mundgeruch.

Wie kann man Zahnfleischbluten vorbeugen?

Die häufigste Ursache für Blutungen am Zahnfleisch ist mangelhafte Mundhygiene. Die Vorbeugung ist also relativ simpel: Regelmäßiges Zähneputzen und die Reinigung der Zahnzwischenräume halten bakterielle Beläge in Schach und lassen Entzündungen gar nicht erst entstehen. Eine antibakterielle Mundspülung nach dem Zähneputzen ist eine zusätzliche Unterstützung, um Entzündungen zu bekämpfen. Mindestens einmal im Jahr sollte der Zahnarzt die Zähne kontrollieren und Mund und Zähne auf mögliche Erkrankungen untersuchen. 

Eine professionelle Zahnreinigung in der Praxis beseitigt Zahnstein, Verfärbungen und auch die letzten Reste von Nahrungsmitteln und schädlichen Bakterien in schlecht erreichbaren Winkeln. Sie ist eine optimale Ergänzung zur häuslichen Mundhygiene und sollte mindestens einmal im Jahr erfolgen.

Fazit:

Die Ursachen für Zahnfleischbluten sind schlechte Zahnpflege und nachlässige Beseitigung bakterieller Beläge. Eine Entzündung des Zahnfleischs ist anfangs noch gut selbst zu behandeln. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man das Symptom jedoch nicht. Eine gute Mundhygiene, regelmäßige Kontrolltermine beim Zahnarzt und mindestens einmal jährlich eine professionelle Zahnreinigung sorgen für gesunde, saubere Zähne ohne Entzündungen. 

Hinweis: Dieser zahnmedizinischer Artikel soll das Verständnis und Wissen über allgemeine Mundgesundheitsthemen fördern. Er ist kein Ersatz für professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung. Lassen Sie sich bei Fragen zu einer Erkrankung oder Behandlung immer von Ihrem Zahnarzt oder einem anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleister beraten.