Sharpey-Fasern – die Stoßdämpfer der Zähne

Autor: Dr. Petra Klostermann, DentNet Zahnärztin in Hamburg

Die Zähne müssen einiges aushalten im Laufe ihres Lebens. Um auch die härteste Nuss knacken zu können, ohne dass dabei der Kieferknochen beschädigt wird, hat die Natur sich eine besondere Befestigung ausgedacht: Die sogenannten Sharpey-Fasern (auch parodontales Ligament genannt) verbinden die Zahnwurzel zwar fest mit dem Knochen, gewähren dem Zahn aber eine gewisse Bewegungsfreiheit und dienen als Stoßdämpfer im Zahnhalteapparat. Die aus Kollagen bestehenden Fasern sind nach dem schottischen Anatomen William Sharpey benannt, der sie 1846 zum ersten Mal beschrieben hat.

Aufbau des Zahnhalteapparats

Zum Zahnhalteapparat (Parodontium) zählen das Zahnfleisch, die Zahnwurzel und die Wurzelhaut, der Zahnzement und die Zahnfächer (Alveolen). Die Zahnfächer sind die Vertiefungen im Kieferknochen (Alveolarknochen), in denen die Zahnwurzeln verankert sind. Außen ist die Zahnwurzel komplett mit Wurzelzement umgeben, einer knochenähnlichen Substanz. Zwischen Kieferknochen und Wurzelzement gibt es einen kleinen Spalt (Parodontalspalt), der etwa 0,2 Millimeter breit ist. Innerhalb dieses Spalts verbindet die Wurzelhaut (Desmodont) den Zahn und das Zahnfach mit tausenden wellenförmiger Kollagenfasern, den Sharpey-Fasern. Diese federnde Verbindung ist so stabil, dass beim Ziehen eines Zahns oft winzige Knochenstückchen an der Zahnwurzel hängen bleiben. 

Warum sind Zähne elastisch aufgehängt?

Beim Kauen wirken extreme Kräfte im Kiefer, eine Belastung von bis zu 100 kg pro Quadratzentimeter ist nicht ungewöhnlich. Bei Zähneknirschern ist die unbewusste Belastung durch auftretende Druckkräfte im Schlaf noch deutlich höher. Der Kieferknochen reagiert auf ständigen Druck mit Degeneration, Zugkräfte stimulieren hingegen den Aufbau des Knochens. Durch die geringfügig flexible Aufhängung der Zähne an den Sharpey-Fasern drücken sich die Zahnwurzeln nicht einfach tief in den Knochen, sondern der ganze Druck wird in Zugkräfte umgewandelt, denen der Knochen viel besser gewachsen ist. 

Funktion der Sharpey-Fasern

In unbelasteter Stellung sind die kollagenen Fasern wellenförmig und selbst nicht dehnbar. Sie sind so im Parodontalspalt ausgerichtet, dass sie alle Kräfte, die auf den Zahn und den Knochen einwirken, in Zugkräfte umwandeln. Werden sie beansprucht, zum Beispiel beim Biss in einen harten Apfel, dehnen sich die Fasern und verteilen die entstehenden Kräfte. Gleichzeitig wird durch diese federnde Aufhängung ein Anreiz zum Knochenaufbau gegeben. Lässt die Krafteinwirkung nach, nehmen die Fasern ihre wellenförmige Struktur wieder an, und der Zahn gleitet in seine ursprüngliche Position zurück. Die Sharpey’schen Faserbündel verlaufen horizontal oder absteigend an der Zahnwurzel entlang und verhindern das Herausziehen, Drehen oder Kippen des Zahns. Zusätzlich fördern sie durch die Verteilung der Kräfte auch die Durchblutung des umgebenden Gewebes.

Bei einer Parodontitis entzündet sich das Gewebe zwischen Zahnwurzel und Knochen, und die Fasern können als Folgeerscheinung ihre Stoßdämpferwirkung nicht mehr ausüben. Auf dem Kieferknochen lastet dann Druck statt Zug, und er baut sich allmählich ab. Der Zahnhalteapparat wird durch die Entzündung allmählich zerstört, die Zähne lockern sich und sitzen durch den Knochenverlust nicht mehr fest.

Was passiert beim Zähneziehen?

Wenn ein Zahn gezogen werden muss, bewegt der Zahnarzt ihn zunächst mit dosierter Kraft langsam hin und her, um ihn im Zahnfach zu lockern. Dadurch reißen auch die Sharpey-Fasern ab, und der Zahn kann extrahiert werden. Sharpey-Fasern können nicht nachwachsen.  

Fazit

Die Zähne sind an einem flexiblen Stützkorsett aus Kollagenfasern im Zahnfach befestigt. So wird eine optimale Druckverteilung der Kaukräfte erwirkt, der Knochenaufbau stimuliert und die Durchblutung des Gewebes gefördert. 

Hinweis: Dieser zahnmedizinische Artikel soll das Verständnis und Wissen über allgemeine Mundgesundheitsthemen fördern. Er ist kein Ersatz für professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung. Lassen Sie sich bei Fragen zu einer Erkrankung oder Behandlung immer von Ihrem Zahnarzt oder einem anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleister beraten.

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