Angstpatienten: Die Angst vorm Zahnarztbesuch

Zittern, Herzrasen, Schweißausbrüche und Übelkeit: Dabei handelt es sich keineswegs um die Folgen einer Zahnbehandlung. Patienten, die Angst vor dem Zahnarzt und dem Besuch in der Praxis haben, erleben das teilweise schon bei der Terminvereinbarung. Wenn es überhaupt zu einem Termin kommt, denn oft schnürt Panik die Kehle so sehr zu, dass auf die notwendige Kontrolluntersuchung gleich ganz verzichtet wird. Zahnarztangst ist weit verbreitet, ungefähr zwei Drittel der Deutschen leiden mehr oder weniger stark darunter. Das ist ein ernstzunehmendes Problem für die Gesundheit der Zähne und des ganzen Körpers.

Angst oder Phobie?

Angst und eine echte Phobie sind nicht dasselbe. Ein mulmiges Gefühl haben viele Menschen, wenn sie zum Zahnarzt müssen. Feuchte Hände und Nervosität halten sie aber dennoch nicht davon ab, ihre Zähne kontrollieren zu lassen. Eine echte Oralphobie äußert sich als sehr starkes Angstgefühl mit Panikattacken, Herzrasen und Atemnot, Zittern und sogar Erbrechen. Selbst eine simple Terminvereinbarung ist dann nicht möglich, geschweige denn der Besuch in der Praxis. Eine umfangreiche Zahnsanierung ist unter diesen Umständen weder für den Angstpatienten noch für den Zahnarzt vorstellbar.

Angst ist ein natürlicher Schutzmechanismus, der Körper und Psyche vor Gefahren schützen soll. Leidet ein Mensch unter einer echten Phobie, ist ihm meistens bewusst, dass seine unkontrollierbare Angst dem Anlass unangemessen ist. Regulieren kann er seine Angst aber nicht, sie stellt eine große Belastung und eine scheinbar unüberwindliche Hürde dar. Die Übergänge zwischen der "normalen" Zahnbehandlungsangst zur übersteigerten Panik können fließend sein.

Zahnarztangst, Zahnarztphobie, Odontophobie oder Dentalphobie: Alle diese Begriffe bezeichnen die starken Ängste von Patienten vor dem Zahnarztbesuch. Zahnärzte, die sich diesen Patienten besonders behutsam annehmen, führen unter Ihren Behandlungsschwerpunkten meistens die Behandlung von Angstpatienten auf.

Woher kommt die Angst vor dem Zahnarzt?

Die Ursachen für eine Dentalphobie sind unterschiedlich. Hat ein Patient in der Vergangenheit eine negative Erfahrung gemacht oder Schmerzen bei einer Behandlung in der Zahnarztpraxis erlebt, kann das zur Ausprägung einer Zahnarztangst führen. Die zahlreichen spitzen Instrumente, das Geräusch des hochdrehenden Bohrers und das Gefühl, im hell ausgeleuchteten Behandlungsstuhl allem ausgeliefert zu sein, können sehr beunruhigend wirken. Stimmt die Kommunikation mit dem Zahnarzt nicht, wirkt eine ungewohnte Art und Weise der Behandlung bedrohlich oder hat ein Patient das Gefühl, nicht gut betreut zu werden, kann dies ebenfalls zu einem erhöhten Angstgefühl führen.

Gebiss und Mundhöhle sind hochsensible Sinnesorgane und sehr schmerzempfindlich. Behandlungen in diesem Bereich werden oft als unangenehm empfunden. Manchmal genügt aber auch schon eine schaurige Zahnarztgeschichte, die Freunde oder Verwandte dramatisch erzählen oder Berichte aus den Medien, um eine Zahnarztangst auszulösen. Die allgemeine Angst vor Ärzten oder Gerüchen, die in Verbindung mit Medizin, Krankheit oder Krankenhaus stehen, und die Furcht vor Menschen in Autoritätspositionen können die Ängste ebenfalls auslösen.

Welche gesundheitlichen Folgen hat die Zahnarztangst?

Aufgrund der überwältigenden Furcht vermeiden Patienten mit einer Zahnarztphobie den Zahnarztbesuch um jeden Preis. Termine werden in letzter Minute abgesagt, die Zähne werden weder kontrolliert noch behandelt. Daraus entwickelt sich eine Art Teufelskreis: Durch fehlende Vorsorgeuntersuchungen werden Schäden an den Zähnen oder Zahnfleischerkrankungen gar nicht erst aufgedeckt. Karies, Zahnfleischentzündungen und Abszesse bleiben unbehandelt, Parodontitis wird nicht entdeckt und kann zum Zahnverlust führen. Angstpatienten halten sogar starke Schmerzen und faulende Zähne lieber aus, als zur Behebung der Probleme in die Praxis zu kommen.

So entsteht auf Dauer immer größerer Behandlungsbedarf, und zu der Angst vor dem Zahnarzt kann sich zusätzlich ein Schamgefühl entwickeln, weil die schlechten Zähne vermeintlich nicht mehr vorgezeigt werden können. Angstpatienten gefährden damit nicht nur ihre Zähne, sondern auch ihre körperliche Gesundheit. Über die Zusammenhänge von gesunden Zähnen und dem übrigen Gesundheitszustand erfahren Sie hier mehr: Mundgesundheit: die Verbindung zwischen Mund und Körper.

Eine weitere Folge der Zahnarztangst und dem Vermeiden des Zahnarztbesuchs besteht darin, dass der Angstpatient seinen Ängsten aktiv aus dem Weg geht und sich nicht mit ihnen auseinandersetzt. Die Angst vor dem Zahnarzt nimmt mit der Zeit zu, je länger der letzte Untersuchungstermin zurückliegt. Ein Ausbruch aus dem Teufelskreis der Zahnarztangst ist so kaum möglich.   

Wie kann man die Zahnarztangst überwinden?

Es gibt verschiedene Strategien, um die Angst vor dem Besuch in der Praxis und vor der Behandlung zu lindern oder zu überwinden.

Die Wahl der richtigen Zahnarztpraxis

Suchen Sie sich einen Zahnarzt, der auf die Behandlung von Angstpatienten spezialisiert ist. In solchen Praxen begegnet man Menschen mit panischer Angst vor der Zahnbehandlung behutsam und mit viel Einfühlungsvermögen. Weisen Sie am besten gleich bei der Terminvergabe darauf hin, dass Sie Angst vor dem Zahnarzt und der Behandlung haben. Zwischen Ihnen und Ihrem behandelnden Zahnarzt sollte eine sympathische und vertrauensvolle Beziehung bestehen. Sprechen Sie mit ihr oder ihm offen über Ihre Ängste und erklären Sie, was Sie beunruhigt und wovor Sie sich am meisten fürchten.

Gefällt Ihnen die Praxis oder der Behandler nicht oder fühlen Sie sich dort nicht wohl, suchen Sie sich eine andere Zahnarztpraxis. Der Wohlfühlfaktor und eine entspannte Atmosphäre während der Behandlung ist besonders für Angstpatienten extrem wichtig. Es kann auch hilfreich sein, einen ersten Besuch bei Ihrem Zahnarzt zu machen, ohne dass eine Zahnbehandlung durchgeführt wird. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sich in Ruhe zu informieren und umzusehen, schöpfen Sie Vertrauen zu dem angsteinflößenden Umfeld und den Menschen, die Sie behandeln.  

Verhaltenstherapie

Mit einer psychotherapeutischen Verhaltenstherapie können Angstpatienten lernen, die Situationen zu meistern, die bei ihnen Angst und Panik auslösen. Häufig gehören auch zusätzliche Entspannungsübungen zur Therapie, beispielsweise Autogenes Training, Atemübungen oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Viele Krankenkassen bezahlen die Kurse für Autogenes Training, da diese Entspannungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist.

Hypnose

Speziell geschulte Zahnärzte versetzen ihre Patienten vor der Zahnbehandlung in einen Trancezustand, um die Angstzustände in den Griff zu bekommen. Eine Hypnose eignet sich aber nicht für jeden Patienten. Auf der Webseite der DGZH (Deutsche Gesellschaft für zahnärztliche Hypnose) finden Sie Zahnarztpraxen, die Hypnosebehandlungen durchführen. In unserem Ratgeber-Artikel zum Thema Hypnose bei Zahnarztangst finden Sie weitere nützliche Informationen.

Akupunktur

Durch eine Akupunktur kann die Angst vor dem Zahnarzt gelindert werden. Akupunktur wirkt schmerzlindernd und fördert Heilungsprozesse im Körper. Die Nadelung bestimmter Akupunkturpunkte am Ohr soll eine angstlösende Wirkung erzielen.

Medikamente, Sedierung und Narkose

Sedierende Arzneimittel helfen, die Angst zu dämpfen. Ihr Hausarzt oder der Zahnarzt kann Ihnen vor einer Zahnbehandlung ein Medikament verschreiben, das angstlösend und entspannend wirkt. Dazu gehören unter anderem die Benzodiazepine Diazepam und Lorazepam. 

Lachgas, das der Zahnarzt seinem Patienten während der Behandlung über eine kleine Nasenmaske verabreicht, wirkt entspannend und angstlösend. Der Patient bleibt wach und ansprechbar, ist aber ruhig und leicht euphorisch gestimmt. Körperliche Einschränkungen nach der Lachgassedierung sind nicht zu erwarten. Mehr über die Behandlung mit Lachgas erfahren Sie hier: Lachgassedierung – entspannte Behandlung ohne Angst

Eine Analgosedierung verbindet die Wirkungen eines Beruhigungsmittels mit einer Schmerzausschaltung. Es handelt sich dabei um eine Art Dämmerschlaf, Herz und Kreislauf werden nicht so sehr belastet wie bei einer Vollnarkose. Der Patient wird schmerz- und angstfrei behandelt, muss nicht künstlich beatmet werden und bleibt dabei ansprechbar. Nach der Behandlung erinnert sich der Patient nicht mehr an die Einzelheiten der Behandlung. 

Die Vollnarkose lässt den Patienten die Behandlung komplett verschlafen und kann besonders bei langwierigen und großen Operationen von Vorteil sein. Das Bewusstsein – und damit auch Schmerzempfinden und Angst – sind komplett abgeschaltet, und der Patient muss während der Zahnbehandlung künstlich beatmet werden. Ein Narkosearzt überwacht die Körperfunktionen und die Atmung. Für einige Menschen mit Vorerkrankungen kann eine Vollnarkose eine zu große Belastung für das Herz-Kreislaufsystem darstellen. Nach einer Vollnarkose kann der Angstpatient die Praxis nur mit einer Begleitperson verlassen und nicht am Straßenverkehr teilnehmen. Der Nachteil bei dieser Art der Behandlung besteht darin, dass der Arzt mit seinem Patienten nicht mehr kommunizieren kann. Den Mund ausspülen, die Zähne zusammenbeißen, um den Biss zu überprüfen, ist unter Vollnarkose nicht möglich.

Werden die Kosten für eine Narkose von der Krankenkasse getragen?

Nur in wenigen Fällen wird eine Vollnarkose von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Bei Patienten, die lokale Betäubungsmittel nicht vertragen oder die wegen starker Angstreaktionen nicht unter örtlicher Betäubung behandelt werden können, trifft der behandelnde Zahnarzt die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erfüllt sind. Dasselbe gilt für die Analgosedierung; eine Lachgassedierung wird nicht von den Krankenkassen bezahlt.  

Ein paar Tipps gegen Unruhe und Angst

Nervosität und ein gewisses Unwohlsein beschleicht viele Menschen beim Gedanken an den Zahnarztbesuch. Eine entspannte Behandlung ist wichtig für Sie und Ihren Arzt. Ein paar einfache Tipps können für mehr Gelassenheit und Entspannung sorgen:

Verstehen: Seien Sie neugierig! Fragen Sie nach den Aufgaben der verschiedenen Instrumente und lassen Sie sich die Funktion erklären. Bitten Sie Ihren Arzt, Ihnen im Detail alle Behandlungsschritte zu erklären. Ungewissheit kann die Zahnarztangst noch steigern.

Beruhigung: Autogenes Training vor dem Besuch in der Praxis hilft ängstlichen Patienten bei der Entspannung. Manche Menschen schwören auf die Wirkung von Bachblüten (Rescuetropfen) oder homöopathischen Mitteln. Wenn Sie Düfte mögen, tupfen Sie sich ätherisches Lavendel- oder Kamillenöl auf die Handgelenke und Schläfen. 

Offenheit: Sprechen Sie frei heraus, wenn Sie sich nicht wohlfühlen. Arzt und Praxismitarbeiter können viel besser auf Ihre Bedürfnisse eingehen, wenn sie wissen, was Sie empfinden oder was Sie gerade besonders beunruhigt. 

Ablenkung: Nehmen Sie Musik mit zum Arzt. Während Sie warten oder auch im Behandlungsstuhl kann Ihr Lieblingssong im Kopfhörer Sie von unangenehmen Gedanken und Geräuschen ablenken. Das empfehlen sogar viele Zahnärzte.

Fazit

Zahnarztangst hat nicht unbedingt mit der Person des Zahnarztes zu tun. Gerüche, Geräusche, bedrohlich wirkende und unbekannte Instrumente in der Praxis sind für Menschen mit Zahnarztangst mit schrecklichen Vorstellungen verbunden. Auch wenn der Gedanke an eine Vollnarkose zwar tröstlich ist, ist eine Konfrontation mit der eigenen Angst sicher die bessere Lösung, um zahnmedizinischen Behandlungen in Zukunft entspannter gegenübertreten zu können.

Hinweis: Dieser zahnmedizinischer Artikel soll das Verständnis und Wissen über allgemeine Mundgesundheitsthemen fördern. Er ist kein Ersatz für professionelle Beratung, Diagnose oder Behandlung. Lassen Sie sich bei Fragen zu einer Erkrankung oder Behandlung immer von Ihrem Zahnarzt oder einem anderen qualifizierten Gesundheitsdienstleister beraten.